Cat S62 Pro im Test: Knallhartes Android-Handy mit Wärmebildkamera
Posted by Julia Werner •
Stellen Sie sich einen Sektempfang mit unverschämt gut gestylten Influencern vor. Plötzlich stößt ein hünenhafter Handwerker in Blaumann, Unterhemd und Stahlkappenschuhen die Tür auf. Ein Hauch von Schweiß weht durch die Luft, aber nach fünf Minuten haben sich alle um den Typen versammelt, der gerade noch das Schloss der Freiluftbar aufgeflext hat, um sich ein kaltes Bier zu nehmen und der nun die verdutzte Meute mit Geschichten vom Bau unterhält. So ein Typ ist auch das Cat S62 Pro. Es wirkt zunächst klobig, ist mit seinen Spezialkräften aber ziemlich unterhaltsam und ungeheuer praktisch, wenn man die braucht. COMPUTER BILD hat das Cat S62 Pro getestet.Auf der rechten Seite befinden sich der geriffelte Power-Button und die Lautstärketasten. Beide so groß, dass sie auch mit Handschuhen bedienbar sind.Die dritte Generation: Catphones S62 Pro2016 brachte die Bullitt Group unter dem Absender der weltweit bekannten Baumaschinen-Marke Caterpillar dasCat Phone S60auf den Markt, das vor allem mit seiner Wärmebildkamera für Aufsehen sorgte, die üblicherweise allein schon teurer ist als in Kombination mit einem Android-Smartphone. 2018 folgte dasCat S61mit Laser-Entfernungs-Messung und Luftqualitäts-Sensoren. Das Cat S62 Pro konzentriert sich nun wieder auf die Wärmebildkamera und bringt für 649 Euro erstaunliche Fähigkeiten mit, über die sich nicht nur Feuerwehrmänner, Polizisten, Klempner, Landwirte und Kfz-Mechaniker freuen.Cat S62 Pro bei AMAZONDer Rand besteht aus Stahl. Ein hübsches Detail sind die sichtbaren Schrauben.Cat S62 Pro: Ran an die ArbeitDas Cat S62 Pro ist im engeren Sinn ein Arbeits-Gerät und kein klassischesOutdoor-Handy, obwohl es nach IP68 wasser- und staubdicht ist, die Militärnorm MIL SPEC 810H übertrifft und auch Stürze aus 1,8 Metern auf Stahl wegsteckt. Das haben wir vorerst noch nicht ausprobiert, um den Einsatz nicht frühzeitig abbrechen zu müssen. Der Rahmen ist aus Stahl, die Rückseite besteht aus rutschfestem thermoplastischem Polyurethan (TPU). Das S62 Pro ist zwar nicht gerade elegant, ungewöhnlich breit und dick, aber dennoch griffiger als so manches verglaste Super-Smartphone. Eine Schutzhülle brauchen Sie hier jedenfalls nicht. Fingerabdrücke bleiben allenfalls auf dem Display zurück, das zusätzlich durch einen erhöhten umlaufenden Rahmen geschützt ist, der beim Swipen über den Rand hinaus stört. Im Vergleich zu modernen Smartphones ist der Rand um den Bildschirm riesig. 6,2 Millimeter Abstand zwischen Außenkante und Bildschirm werden nur noch vomLand Rover Exploreüberboten. Das Cat S62 Pro misst 158,5x76,7x11,9 Millimeter und bringt 248 Gramm auf die Waage. Die üblichen Handy-Specs geraten angesichts der Spezial-Fähigkeiten ebenso zur Nebensache, wie die Frage, ob Wolverine eine Zahnzusatzversicherung hat. Da das Cat S62 Pro aber eher Klötzchen als Klotz ist und durchaus auch als Alltagsgerät bestehen könnte, dürfen wir die Basics nicht ganz vernachlässigen. Wer es böse meint, sieht Mittelklassetechnik zum gehobenen Preis, aber das ist nicht mal die halbe Wahrheit.Der Bildschirm des Cat S62 Pro hat eine Diagonale von 5,7 Zoll und dicke Ränder.Display im Cat S62 ProDas helle LC-Display im 18:9-Format soll besonders bruchfest sein und steckt unter Gorilla Glass 6. Bei einer Diagonale von 5,7 Zoll geht die FHD+-Auflösung (2160x1080) völlig in Ordnung. Warum kein OLED? Zum einen wäre das teurer und zum anderen hat Cat Phones nun mal viel Erfahrung mit bruchfesten LCDs gesammelt. Der Touchscreen lässt sich auch mit nassen Fingern oder Handschuhen bedienen.Cat S62 Pro: Speicher und AusstattungFür ausreichendes Tempo sorgt ein Qualcomm Snapdragon 660. Benchmarks liegen damit auf Augenhöhe mit Mittelklasse-Handys wie demSony Xperia 10 IIoder demMoto G Pro. Der Speicher beträgt 6 und 128 Gigabyte (erweiterbar per microSD). Ab Werk kommt das Cat S62 Pro mitAndroid 10, das Update aufAndroid 11ist ebenso versprochen wie mindestens drei Jahre Sicherheitsupdates. Der Akku ist mit 4.000 Milliamperestunden ordentlich dimensioniert. Neben LTE, NFC und Bluetooth 5 dudelt das FM-Radio bei Bedarf über die Baustelle. Dazu kommt eine 12-Megapixel-Hauptkamera und eine 8-Megapixel-Frontkamera für heiße Selfies vor dem Schmelzofen oder so. Wesentlich spannender ist die Wärmebildkamera.So griffig wie das Cat S62 Pro wünscht man sich auch das ein oder andere verglaste Top-Handy.Wärmebildkamera der dritten GenerationDas Cat S62 Pro ist mit der "Thermal by FLIR-Technologie" ausgestattet. Durch den "FLIR Lepton 3.5"-Sensor hat sich die Anzahl der Thermalpunkte im Vergleich zum Vorgänger von 5.000 auf 20.000 vervierfacht. Der abgedeckte Temperaturbereich liegt zwischen -20 und +400 Grad Celsius. Bilder sind jetzt noch detailreicher, die Schärfe soll 30 Prozent besser sein, das Sichtfeld vergrößert sich um 10 Prozent. Thermal-Fotos haben eine Auflösung von 1440x1080 Pixel. Die MyFLIR-Pro-App ermöglicht per MSX (Multi-Spectral Dynamic Imaging) die Kombination aus sichtbaren und thermischen Bildaufnahmen.Die integrierte FLIR-App ermöglicht Wärmebilder mit Filtern und der Kombination mit dem Realbild. Links: das echte Foto. Rechts: das Thermalfoto.Die VividIRTM-Bildverarbeitung von FLIR mit MSX (Multi-Spectral Dynamic Imaging) überlagert sichtbare und thermische Bildaufnahmen. Hier in zwei Intensitäten, die Sie per Schieberegler einstellen.Links: Die neue Alpha-Blending-Funktion ermöglicht es, thermische Details mit dem visuellen Bild der Sony-Dual-Pixel-Kamera zu verbinden. Rechts: Auch im Nachhinein können Sie bei geschossenen Fotos an einzelnen Punkten oder Bereichen die Temperatur bestimmen. Dabei können Durchschnitts- und Höchst- und Tiefstwerte angezeigt werden.FLIR-App: Fotos auch später noch auswertenBei einem einmal mit der FLIR-App geschossenen Foto ermitteln Sie auch im Nachhinein noch die Temperatur an bestimmten Stellen, definieren Bereiche oder setzen andere Einstellungen oder Filter ein. Sogar die Position der Überlagerung können Sie noch im Nachhinein feinjustieren. Enorm praktisch. Es können Berichte als pdf verschickt oder Notizen gemacht werden. Die Anwendungsbereiche sind vielfältig, die Wärmebildtechnik ist unabhängig vom sichtbaren Licht und funktioniert bei Tag und Nacht. Bei Stichproben mit einem anderen Oberflächen-Thermometer aus dem Testlabor kamen wir auf praktisch identische Werte. Die Anwendung ist kinderleicht. Von Haus aus versucht das Handy zur besseren Unterscheidung den ganzen Farbbereich zu nutzen: Schwarz ist das kälteste, dann wird es über Blau, Lila, Rot, Orange, Gelb irgendwann Weiß (wie heiß). Ein Beispielfoto zeigte sehr deutlich, dass die Oberflächentemperatur gemessen wird: Während wir Menschen durch eine Glasscheibe durchschauen, misst das Cat S62 Pro die Temperatur der Scheibe und sieht im Prinzip nicht, was dahinter ist. Im Gegenteil. Bei uns reflektierte sogar die Wärmestrahlung des Redakteurs in der Scheibe.Doch, diese Bilder gehören zusammen. Allerdings sehen wir links den Geschäftsführenden Redakteur Florian Rüttinger durch eine Scheibe und rechts die Reflektion von Redakteur Michael Huch, während er das Foto macht.Bei "Cat" kommen wir nicht ohne eine Katze aus. Im rechten Screenshot lernen wir, dass es bei Huchs unterm Sofa 18,5 Grad hat, die Couch eine Oberflächentemperatur von 21,5 besitzt und die Katze auf 26,1 Grad kommt. Dass es innen wärmer ist, zeigen die 33,7 Grad der Zunge. Ein Glück, Miezi ist kerngesund: Die Nase ist mit 21,5 Grad eher kühl.AnwendungsbereicheWas man damit sehen kann? Glutherde bei der Feuerwehr, Tiere in der Dunkelheit, Zugluft, Leckagen, heiße oder überhitzte Autoteile oder sogar die Identifizierung fiebriger Personen. Ein Foto der Gasflasche beim Grillen zeigt, ob sich der Füllstand dem Ende nähert, ein Foto des Rosts verrät, ob die richtige Grilltemperatur erreicht ist. Das Cat S62 Pro zeigt bei einer Kontrolle nicht nur, ob der Beifahrersitz gerade noch besetzt war, sondern unter Umständen sogar, wo eine Person im Gebüsch kauert oder wo Fiffi im Unterholz sein Geschäft erledigt hat. Also für jeden was dabei. Das Cat S62 Pro erkennt Oberflächentemperaturen bis zu einer Entfernung von 30 Metern.Die orangene Sondertaste lässt sich nach eigenen Wünschen belegen, etwa Doppelklick für die Taschenlampe und langer Druck für die Wärmebildkamera.Cat S62 Pro: Preis und VerfügbarkeitLaut Hersteller ist das Cat S62 Pro für 649 Euro (UVP) bei ausgewählten Händlern und Netzbetreibern erhältlich.Cat S62 Pro bei AMAZONGeladen wird per USB Typ C.COMPUTER BILD hat das Cat S62 Pro als "Top-Innovation 2020" ausgezeichnet.Test-Fazit: Cat S62 ProAls normales Handy ist das Cat S62 Pro zu teuer, aber wer etwas besonders stabiles sucht oder auf den robusten Look steht, sollte genauer hinschauen. Noch besser als für den schusseligen Nachwuchs, der immer alles fallen lässt, eignet sich das Cat S62 Pro aber natürlich für Leute, die gelegentlich Bedarf an einer Wärmebildkamera haben. Hier ersetzt das "Bagger-Handy" teurere Spezialgeräte und ist mehr als nur eine Spielerei.
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