Kein Leben ohne Internet
Posted by Julia Werner •
Wie das Internet der Dinge unser Leben verändert
20 Milliarden Maschinen und Geräte sind dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zufolge bereits über das Internet vernetzt. Bis zum Jahr 2030 wird diese Zahl rund eine halbe Billion betragen. In unserer zukünftigen Welt sind Maschinen jedoch nicht nur vernetzt, sondern sie kommunizieren auch. »Windenergieanlagen tauschen untereinander Daten aus, um automatisch die Leistung zu erhöhen, Flugzeugtriebwerke sind intelligent genug, um vorherzusagen, wann sie gewartet werden müssen und Verkehrsmittel kommunizieren reibungslos miteinander, um Menschen und Güter sicher zu transportieren«, zählt Simone Hessel, Vice President Digital Transformation, General Electric DACH, auf. Das Unternehmen fertigt Maschinen, die drei ›Eigenschaften‹ haben: Sie sind vorausschauend, reaktiv und sozial. Ausgestattet mit innovativer Software, Datenanalytik und Sensoren generieren die Maschinen ständig Informationen und senden diese digital an die Kunden von General Electric. Ihnen bietet sich somit eine bessere Entscheidungsgrundlage, um beispielsweise die Patientenversorgung zu optimieren oder die Effizienz im Flugverkehr sowie in der Energieversorgung zu verbessern. Diese industrielle Ausprägung des Internet of Things (IoT), also die Integration von Industrieanlagen mit Cloud-basierter Analytik, wird als ›Industrial Internet‹ bezeichnet.
Sicher, effizient und komfortabel
Natürlich profitieren inzwischen auch die Endnutzer in vielfacher Weise von der Vernetzung smarter Dinge. Benjamin Thorand, Data Scientist bei der Telekom, führt drei entscheidende Vorteile an: Sicherheit, Komfort und Effizienz. Sicherer werde das Leben des Endkunden etwa, weil das vernetzte Auto oder Fahrrad einen Unfall erkenne und den Notdienst automatisch verständige. Den Sicherheitsaspekt rückt auch Eva Zauke, VP IoT & Digital Supply Chain & Head of SAP IoT Startup Accelerators, in den Vordergrund. Als Beispiel nennt sie einen Schulbusfahrer, der ein mit Sensoren ausgestattetes T-Shirt trägt. Damit kann festgestellt werden, ob der Busfahrer beide Hände am Lenkrad hat, Abstände einhält oder anormales Fahrverhalten zeigt. Die so geschaffene Transparenz ermöglicht es, notwendige Maßnahmen, beispielsweise eine Schulung, einzuleiten – damit die Schulkinder immer sicher unterwegs sind.
Der Komfort wird dagegen vor allem im Smart Home deutlich. »Wenn ich mich nach der Arbeit meinem Zuhause nähere, bereitet es sich schon einmal auf meine Ankunft vor, wirft die Heizung an, und schaltet das Licht ein«, schildert Thorand von der Telekom. Ganz schön praktisch. Genauso wie das schnellere und unkomplizierte Einparken, Stichwort Effizienz. Der Fahrer müsse Vera Winter von Bosch zufolge nicht mehr in ein enges Parkhaus manövrieren, sondern könne einfach davor aussteigen. »Das Auto fährt dann auf Knopfdruck von allein ins Parkhaus und sucht sich seinen Platz«, erklärt Winter.
Chancen und Risiken der Vernetzung
Die Vielzahl der Informationen, die der Fahrer schon heute zur Verfügung hat, kann auch eine Herausforderung darstellen – schließlich dürfen sie ihn nicht ablenken. Zu viele und schnelle IoT-Neuerungen können den Nutzer zudem überfordern. »Entscheidend für die Akzeptanz neuer Produkte ist der konkrete Nutzen«, betont Vera Winter von Bosch. Daher müssten neue Lösungen schrittweise eingeführt werden. Auch die Unternehmen stehen in Sachen IoT Herausforderungen gegenüber: Ihre Aufgabe sei es Winter zufolge, aus den riesigen Datenbergen kluge Daten zu machen und daraus neue Serviceangebote abzuleiten. Dr. Ingo Hofacker, verantwortlich für das IoT-Geschäft im Telekom-Konzern, sieht in der Transparenz, die sich aus besagten Datenmengen ergibt, auch eine Chance. Damit könnten Unternehmen etwa Ineffizienzen in ihrer Produktion erkennen, beheben oder gar vermeiden. »Diese Transparenz ist auch für Endkunden relevant, etwa wenn das smarte Supermarktregal Auskunft über Frische und Herkunft der Ware geben kann«, sagt Dr. Hofacker. Zu den kritischsten Themen im Zusammenhang mit IoT zähle aus seiner Sicht Datenschutz und -sicherheit, da es Kernprozesse von Unternehmen betreffe und die Daten meist wettbewerbsrelevant und geschäftskritisch seien. Hier müsse die Funktionstüchtigkeit und Sicherheit auch in Kristensituationen gewährleistet sein.
Umfrage klärt: Leben ohne Internet – geht's noch?
Für die meisten ist ein Leben ohne Internet längst unvorstellbar. Fast alles geht online einfacher: Anmeldungen für die Kita. Konzertkarten. Die Suche nach dem richtigen Arzt oder dem angesagten Restaurant. Die schnelle Überweisung. Der aktuelle Blick auf verspätete Zugverbindungen. Corona-Tests. Vieles lässt sich nur noch online klären. Wie also lebt es sich ohne Internet? Antworten auf diese Frage sammelt noch bis zum 15. Juli die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. BAGSO.
Die meisten Offliner sind über 65 Jahre alt
Ziel der Umfrage ist es, möglichst viele Offline-Erfahrungen zu sammeln und nach Lösungsansätzen zu suchen. Vor allem für Senioren. Denn wie das Statistische Bundesamt belegt, sind die meisten Offliner in Deutschland längst im Rentenalter und älter als 65 Jahre. In dieser Altersgruppe sind rund 21 Prozent nie im Internet unterwegs. Bundesweit zählen rund 6 Prozent der Menschen im Alter zwischen 16 und 74 Jahren zu den Offlinern. Die Faustregel lautet: Je jünger desto besser vernetzt! Unter den 55- bis 64-Jährigen gibt es acht Prozent Offliner. Dagegen finden sich bei Menschen, die jünger als 55 Jahre sind, nur knapp drei Prozent ohne Internet.
Hilfe bei dem Weg ins Netz
Im Seniorenbüro Pfaffenhofen erlebt Heidi Andre ständig, dass Menschen ohne Internet schlechter zurechtkommen und Hilfe benötigen. Jede Woche kommen mehrere Offline-Senioren zu der Leiterin des Seniorenbüros und ihren Mitarbeitenden. Sie benötigen Unterstützung beim Onlinebanking, weil ihre Bank am Wohnort keine Filiale mehr unterhält. Oder sie bitten um eine erweiterte Google-Suche nach Therapeuten oder Ärzten, weil sich im Telefonbuch zu wenige Einträge finden. Viele wollen selbst noch das Internet für sich entdecken. Für sie bietet das Seniorenbüro Pfaffenhofen viele verschiedene Kurse und Vorträge an sowie jeden Dienstagvormittag offene Fragestunden.
Viele Seniorenbüros noch nicht ausreichend ausgestattet
Das Seniorenbüro in Pfaffenhofen kann die Offliner gut unterstützen, denn das Büro ist finanziell und personell gut aufgestellt: Neben der Leiterin Heidi Andre gibt es noch eine weitere hauptamtliche Halbtagskraft und zudem rund 100 ehrenamtliche Mitarbeiter. Eine gute Situation für die rund 7.000 Senioren in der Kreisstadt. In vielen vergleichbaren Kommunen fällt das Angebot für Ältere deutlich geringer aus. Das betont Heidi Andre, die auch Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Seniorenbüros in Bayern ist. Derzeit gibt es im Freistaat rund 45 Seniorenbüros. Manche sind städtische Einrichtungen wie in Pfaffenhofen, andere haben unterschiedliche Träger, etwa die Caritas oder das Rote Kreuz. Nach Auffassung von Heidi Andre gibt es auf jeden Fall noch deutlich zu wenig Seniorenbüros und damit auch zu wenig Hilfe für ältere Offliner.
"Nach wie vor fehlen in Bayern Seniorenbüros, die älteren Menschen helfen, aktiv zu bleiben. Es müsste eine kommunale Pflichtaufgabe sein, sich um Menschen ohne Internet zu kümmern!" Heidi Andre, Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Seniorenbüros in Bayern"
Seniorengemeinschaft per Videokonferenz
Die Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Seniorenbüros ist Mitglied bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. BAGSO und unterstützt deshalb die aktuelle Umfrage "Leben ohne Internet – geht's noch?". Von der Auswertung der Antworten erhofft sich auch Heidi Andre weitere Lösungsansätze für ihre Senioren in Pfaffenhofen. Aus der Praxis weiß sie, dass das Internet menschliche Nähe möglich macht. Während der Pandemie hat das Seniorenbüro wöchentliche Online-Konferenz angeboten. "Über 40 Leute haben daran teilgenommen. Mit dabei war auch ein 94jähriger Mann, der mit viel Unterstützung es geschafft hat, sich die richtigen Programme dafür zu installieren. Der hat es genossen, mit den anderen zu reden und zu singen. Im Fasching saßen wir dann alle maskiert vor den Kameras", erzählt Heidi Andre.
An der Umfrage kann jeder bis zum 15. Juli teilnehmen. Entweder digital per Mail an umfrage@bagso.de, aber auch analog. Den Fragebogen kann man telefonisch bestellen bei der BAGSO unter 0228 / 24 99 93 55. In Pfaffenhofen an der Ilm können Interessierte jeden Alters aber auch einfach ins Seniorenbüro gehen. Es liegt mitten in der Stadt im Bürgerzentrum Hofberg 7.
Kein Leben ohne Internet
Surfen, posten, streamen: Die Digitalisierung schreitet voran. Und damit wächst der CO 2 -Ausstoß. Die Deutschen versuchen gegenzusteuern, doch sie brauchen Hilfe von der Politik.
Homeoffice erhielt einen Corona-Schub, aber auch die Freizeit wird immer weiter digitalisiert. (Foto: Nenad Stojković/Flickr
Das Leben findet digital statt, immer intensiver. Es wird gemailt, gestreamt, gesurft und per Video konferiert, was das Zeug hält. Von 82 Millionen Deutschen, Babys und Greise mitgezählt, nutzen 60 Millionen das Internet.
Gefragt, worauf sie im Sinne des Klimaschutzes am ehesten verzichten könnten, nannten jüngst 38 Prozent das Fliegen und 30 Prozent das Fleischessen. Aber nur 16 Prozent könnten ohne ihr Smartphone leben und 13 Prozent ohne Internet.
Bei den jungen Leuten zwischen 16 und 29 ist das noch ausgeprägter: Für sie ist es ausgeschlossen, offline zu leben. Nur ein Prozent kann sich das vorstellen. Kein Wunder, dass die Datenflut im Netz unablässig steigt – und damit auch der CO 2 -Ausstoß, der damit verbunden ist.
Die positive Nachricht: Laut der Umfrage, die vom Digitalverband Bitkom jetzt durchgeführt wurde, ist das den Menschen durchaus bewusst. Und viele achten inzwischen auch darauf, die damit verbundenen negativen Klimawirkungen zu begrenzen oder sogar positive Klimaeffekte zu erzielen.
Die Umfrage zeigt, dass viele viel Ahnung von den Zusammenhängen haben. Fast zwei Drittel löschen überflüssige Daten oder Apps auf ihren Geräten, um Speicherressourcen freizugeben und damit Energie zu sparen. Gut die Hälfte vermeidet Stand-by, schaltet elektronische Geräte also komplett ab.
Immerhin 44 Prozent verwenden, wenn möglich, die Energiesparfunktion bei Laptops oder Monitoren, und 21 Prozent reduzieren die Helligkeit von Bildschirmen, um Energie zu sparen.
Nicht ganz so toll sieht es bei der Hardware aus. Zwar achten fast drei Viertel darauf, Geräte möglichst lange zu nutzen, bevor sie ersetzt werden. Und sogar 92 Prozent sind sich bewusst, dass durch herumliegende Altgeräte wertvolle Rohstoffe verschwendet werden.
Joachim Wille ist Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.
Allerdings: 40 Prozent geben zu, bei ihnen zu Hause sei genau das der Fall. Und immerhin 22 Prozent haben schon mal ein Elektrogerät in den Hausmüll geworfen, weil sie nicht wussten, wie es richtig zu entsorgen ist.
All das zeigt: Es muss noch einiges geschehen, damit das digitale Leben klima- und umweltverträglich wird. Die Politik muss dafür sorgen, dass möglichst schnell nur noch Grünstrom das Netz antreibt und die Geräte nachhaltig werden. Zurückdrehen lässt sich die digitale Entwicklung nicht. Wenn man das überhaupt wollte.
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